16.05.2014

Leim lösen mit Licht: Möglich dank supramolekularem Klebstoff


Falsch zusammengeklebt? Kein Problem. Forschende des Adolphe Merkle Instituts (AMI) der Universität Freiburg haben eine Polymerstruktur entwickelt, die in der Lage ist, unter reiner Lichtbestrahlung Materialien zusammenzukleben und das Geklebte auch wieder zu lösen.


Lichtgesteuerter, reversibler Klebstoff. Bild: Christian Heinzmann, AMI

Sei es der schlecht angeklebte Griff einer Kaffeetasse oder der nicht mehr aktuelle Werbeträger einer Schaufensterscheibe: Gewisse Dinge erfordern ein mehrmaliges Anbringen oder Zusammenkleben ohne grossen Aufwand. Forschenden des Adolphe Merkle Instituts (AMI) der Universität Freiburg ist es nun gelungen, die Grundlage dafür zu schaffen. Unter der Leitung von Prof. Christoph Weder haben Oberassistentin Dr. Gina Fiore und Doktorand Christian Heinzmann eine Polymerstruktur entwickelt, deren Vernetzung sich unter Lichtbestrahlung lösen und danach wieder festigen lässt. Es ist das erste Mal, dass ein supramolekularer Klebstoff entwickelt wurde, der durch Bestrahlung mit UV-Licht wiederlösbar ist. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachjournal ACS Applied Materials & Interfaces als „Editors’ Choice“ publiziert.

Licht und Hitze
Das Geheimnis hinter diesem neuen Material sind die supramolekularen Vernetzungsbausteine. Im Gegensatz zu konventionellen Polymeren, die aus langen, Ketten ähnlichen Molekülen aus tausenden von Atomen bestehen, setzen sich diese speziellen Polymere aus kleineren Molekülbausteinen zusammen, die an den Enden „klebrige“ Vernetzungsbausteine („sticky ends“) tragen. Diese klebrigen Enden verbinden die kurzen Polymerketten zu langen Ketten, lassen sich aber auch wieder lösen. Als Verbindungsbausteine wurden entweder Metall-Ionen in Kombination mit komplexierenden Strukturen (Zweikomponentensystem), oder ein auf Wasserstoffbrückenbindungen basierendes System (Einkomponentensystem) verwendet. Die sogenannten sticky ends einer solchen Polymerstruktur lassen sich unter dem Einfluss von (ultraviolettem) Licht verändern, d.h. sie werden flüssig – das Material kann an dieser Stelle getrennt werden. Entfällt der Lichteinfluss, werden die Polymere wieder hart. Ebenso gut kann der Vorgang auch mit Hitzeeinwirkung stattfinden. „Der Vorteil dieser Anwendung ist die unkomplizierte Umsetzung“, so Christian Heinzmann. „So kann das aufgeklebte Werbeplakat beispielsweise mit einem Heissluftfön entfernt werden.“ Die Hitzesensibilität lässt sich auch an das Umfeld anpassen: Polymere in der Arktis erfordern eine andere Hitzeempfindlichkeit als eine der Sonne ausgesetzte Fensterscheibe im Sommer.

Das wiederlösbare Material basiert auf denselben Erkenntnissen wie die 2011 veröffentlichten Resultate zu den selbstheilenden Materialien der Weder-Gruppe. Noch sind die Machbarkeitsstudien in keiner konkreten Anwendung umgesetzt; für die selbstheilenden Materialen sind allerdings Gespräche mit einem Partner aus der Industrie im Gange.

Kontakt: AMI Administration, 026 300 92 54, christa.waeber@unifr.ch

Link zur Publikation:
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/am405302z

Das Adolphe Merkle Institut (AMI) ist das 2008 gegründete Kompetenzzentrum der Universität Freiburg (CH) in der Erforschung der «weichen» Nanomaterialien. Die Forschenden des AMI haben den Anspruch, Grundlagenforschung und Innovation zu verbinden sowie zur industriellen Wettbewerbsfähigkeit und zur Steigerung der Lebensqualität beizutragen. http://www.am-institute.ch/en