08.05.2013

Ausmass von Essstörungen im Kindesalter erstmals beziffert


Es ist erwiesen, dass Essstörungen wie die Bulimie oder die Anorexie bereits Kinder im Schulalter betreffen. Störungen mit restriktivem oder vermeidendem Charakter hingegen wurden in dieser Altersgruppe bisher wenig untersucht. Im Rahmen einer neuen Studie des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Freiburg wurde nun zum ersten Mal das Ausmass dieses Phänomens unter 8- bis 13-jährigen Kindern und Jugendlichen der Kantone Waadt, Freiburg und Bern beziffert.


Bild: Thinkstock

Ein restriktives oder vermeidendes Essverhalten im Kindesalter kann schwerwiegende Konsequenzen bezüglich der psychischen (emotional und kognitiv) und physischen Entwicklung nach sich ziehen. Die damit verbundenen Störungen lassen sich grob in drei Untergruppen aufteilen: 1) selektives Essen (stark eingeschränktes Spektrum an konsumierten Nahrungsmitteln), 2) die Nahrungsvermeidung mit emotionaler Störung (food avoidance emotional disorder) und 3) die funktionelle Dysphagie (Nahrungsverweigerung aus Angst, daran zu ersticken oder brechen zu müssen). Zu den Störungen dieser drei Gruppen bestehen zwar Studien, die das Kleinkindesalter betreffen; es ist jedoch das erste Mal, dass das Problem bei Kindern im Schulalter beziffert wird.

730 Kinder zwischen 8 und 13 Jahren - davon 362 deutschsprachige und 368 französischsprachige - der Kantone Waadt, Freiburg und Bern nahmen an der Umfrage zu ihrem Essverhalten teil. Die Antworten der Kinder machten deutlich, dass das selektive Essverhalten (20,3 Prozent) die am häufigsten auftretende Störung ausmacht, gefolgt von der Nahrungsvermeidung mit emotioneller Störung (7,9 Prozent) und der funktionellen Dysphagie (1,6 Prozent). Ebenfalls klar zu Tage trat der Umstand, dass untergewichtige Kinder ein deutliches höheres Risiko zu einer die Nahrung vermeidenden Störung aufweisen (20,9 Prozent) als Kinder mit Normal- oder Übergewicht. Die Ergebnisse zeigen, dass restriktive und vermeidende Essverhalten, die bis anhin vor allem im Kleinkindesalter bekannt waren, durchaus auch im Schulkindesalter mit einer gewissen Häufigkeit auftreten. Gemäss Simone Munsch, Inhaberin des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie, werden die erhobenen Daten dazu beitragen, präventive Massnahmen zu entwickeln für Schulkinder, die unter dieser Art von Essstörungen leiden.

Die Resultate der Studie wurden kürzlich in der Zeitschrift für Gesundheitspsychologie publiziert und sind Teil der „Swiss University Study of Nutrition“ (SUN), eines Projekts des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unter der Leitung der Universität Freiburg in Zusammenarbeit mit Prof. Anja Hilbert der Universität Leipzig (D). Der zweite Teil dieser Studie wird sich mit der Problematik des unkontrollierten Essverhaltens beschäftigen, dem so genannten Binge Eating, dies ebenfalls in der Altersgruppe der Schulkinder. Von einer Binge-Eating-Störung betroffene Personen bekunden Mühe damit, ihr Essverhalten zu zügeln; der regelmässige Kontrollverlust führt längerfristig zu Übergewicht. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass diese Störung häufig bei Kindern auftritt, die mit Impulskontrollschwierigkeiten wie zum Beispiel der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zu kämpfen haben.

Im Rahmen des zweiten Teils der Studie sucht der Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie noch Kinder, die Auffälligkeiten im Zusammenhang mit unkontrolliertem Essen aufzeigen oder/und unter einer ADHS leiden. Die Studiendurchführung findet in Begleitung eines Elternteils statt und beinhaltet zwei bis maximal drei Termine.

Link zur Publikation

Kontakt und Informationen
Montag bis Donnerstag unter den Nummern 026 300 76 55 (morgens) oder 026 300 73 52 (nachmittags) oder per Email an daniela.dremmel@unifr.ch und susanne.kurz@unifr.ch.

Studienverantwortliche
Prof. Simone Munsch, Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Departement für Psychologie, 026 300 76 55, simone.munsch@unifr.ch